Gleichgeschlechtliche Paare dürfen künftig heiraten und erhalten sämtliche Rechte der zivilen Ehe. Die Schweizer Stimmberechtigten haben am heutigen Abstimmungssonntag mit 64.1 Prozent einer entsprechenden Änderung des Zivilgesetzbuchs (ZGB) zugestimmt. Das überparteiliche Komitee «JA für alle» («Ehe für alle») freut sich über das deutliche Resultat. Mit dem Ja setzt die Schweiz ein Zeichen für gleiche Rechte und für eine offene Gesellschaft.
Künftig erhalten alle Paare Zugang zur Zivilehe – mit all ihren Rechten und Pflichten. Für glp-Nationalrätin Kathrin Bertschy war dieser Entscheid für Gleichstellung überfällig: «Die Rechtsgleichheit, welche mit der «Ehe für alle» endlich realisiert wird, ist fundamental für ein liberales und gesellschaftlich offenes Land, in dem alle Menschen gleich behandelt werden. Ich freue mich, dass wir endlich am Ziel sind», sagt Kathrin Bertschy. Sie hatte vor sieben Jahren die parlamentarische Initiative eingereicht.
Auch Ständerat Andrea Caroni (FDP) freut sich über das klare Ja: «Es ist nicht am Staat, Menschen vorzuschreiben, wie sie ihr Privat- und Familienleben zu gestalten haben. Jedes Paar soll selbstbestimmt entscheiden können, ob und wie es seine Partnerschaft rechtlich regeln will. Das ist ab heute endlich möglich.»
Wichtiges Grundrecht
Für Nationalrat Hans-Ueli Vogt (SVP) wird mit dem Volksentscheid ein zentrales Freiheitsrecht umgesetzt: «Die schweizerische Bundesverfassung gewährleistet und schützt die persönliche Freiheit. Mit einem Menschen eine Ehe einzugehen und zu zweit durchs Leben zu gehen, ist eine elementare Ausprägung dieser Freiheit.» Auch für Nationalrat Nicolas Walder (Grüne) ist es ein positiver Schritt: «Endlich geht es auch in der Schweiz vorwärts. Unsere Verfassung garantiert das Recht auf Ehe und Familie. Mit der «Ehe für alle» setzen wir die Verbindung zwischen zwei Männer oder zwei Frauen rechtlich und symbolisch gleich».
Kindswohl und Regenbogenfamilien gestärkt
Heute leben schätzungsweise zwischen 6000 bis 30’000 Kinder in der Schweiz in Regenbogenfamilien. Nationalrätin Min Li Marti (SP) zeigte sich daher erleichtert: «Ich bin froh, dass die Stimmbevölkerung die Frage des Kindswohls sorgfältig abgewogen hat. Mit dem Ja zur «Ehe für alle» sind Regenbogenfamilien künftig rechtlich besser abgesichert. Das Kindswohl wird mit diesem Volksentscheid gestärkt.» Nicht die Familienkonstellation entscheidet über das Wohlergehen der Kinder, wie zahlreiche Studien belegen. «Was zählt sind Fürsorge und Zuwendung – und das bekommen Kinder genauso von homosexuellen Eltern», so Min Li Marti.
Positives Signal für Wirtschaftsstandort Schweiz
Die Schweiz gehört in Sachen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare zu den Schlusslichtern. Als zweitletzte Land Westeuropas hat sie gleichgeschlechtlichen Paaren die Heirat nun erlaubt. Das freut auch Nationalrat Martin Landolt (Die Mitte): «Das heutige Ja zeigt, dass wir als liberale Gesellschaft funktionieren. Die Schweiz ist ein attraktiver Lebens- und Arbeitsort. Diskriminierung hat bei uns keinen Platz».
National- und Ständerat haben bereits in der Wintersession 2020 beschlossen, die zivile Ehe zu öffnen. Konservative christliche Kreise um die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) hatten Anfang 2021 das Referendum ergriffen. Die Schweizer Stimmbevölkerung hat den gesetzlichen Änderungen nun am 26. September 2021 mit 64.1 Prozent zugestimmt.